/.../ Wir sitzen in einem kleinen Café am Ortsrand von Santanyi. Einige Mallorquiner, untersetzte Landarbeiter in blauen Drillichjacken, schlürfen ihren Kaffee, erzählen oder rauchen schweigsam. Ein schmuckloser Raum mit Theke, einigen Barhockern, Aluminiumstühlen, billigen Tischen mit Kunststofffurnier; kein Ort für Touristen. Hierher kommt Schaffner am liebsten. Die Einheimischen betrachten den eigenwilligen Deutschen bereits als einen der ihren. Obwohl sein Spanisch nach wie vor von einem unüberhörbar schwäbischen Akzent eingefärbt ist.
Als wir nach dem Cafébesuch zu dem Freigelände einige Kilometer vor Santanyi fahren, auf dem Schaffner seine neuesten Skulpturen errichtet hat, frage ich mich, ob der einsiedlerische Bildhauer, eine imposante Erscheinung mit breitem Kreuz und schulterlangem ergrauten Haar, bei den Einheimischen nicht an ein kollektives Unbewusstes rührt. Bei der Verabschiedung aus dem Café schien es, als begegneten sie ihm mit einer gewissen abergläubischen Ehrfurcht, wie einem alten Druiden, dessen geheimes Tun man zwar nicht begreift, aber eben auch besser nicht in Frage stellt. /.../
In: Equilibrio – Gedanken und Stein,
Thomas Morus Akademie, Bensberg 1997